Nachfolgend haben wir einige der am häufigsten gestellten Fragen zur Uppsala-Erklärung zusammengestellt.
Wer kann die Uppsala-Erklärung unterzeichnen?
Jede Person, die im deutschen Hochschul- und Forschungsbereich arbeitet, egal ob bezahlt oder unbezahlt, kann die Uppsala-Deklaration unterschreiben. Dazu gehören auch Promovierende. Darüber hinaus sind deutsche Wissenschaftler*innen im Ausland willkommen zu unterschreiben.
Wer hat die Uppsala-Erklärung verfasst?
Die deutsche Version der Uppsala Erklärung wurde von einem Kollektiv von Wissenschaftler*innen in Deutschland verfasst. Die ursprüngliche Inspiration kam von der Uppsala Declaration schwedischer Kolleg*innen (uppsaladeclaration.se).
Warum haben Sie die Uppsala-Erklärung verfasst?
Nach fast zwei Jahren beispiellosen Tötens, Verstümmelns und Aushungerns der belagerten Bevölkerung des Gazastreifens ist es dringend erforderlich, dass wir uns mit unserer eigenen Rolle bei der Zerstörung Palästinas und des palästinensischen Volkes durch Israel auseinandersetzen. Wir sind den Prinzipien des humanitären Völkerrechts und nicht minder dem Wert und der Würde des menschlichen Lebens verpflichtet. Wir sind der Ansicht, dass deutsche Hochschulen und Forschungseinrichtungen die Zusammenarbeit mit dem israelischen Staat und allen israelischen Institutionen einstellen sollten, die an illegaler Besatzung, Apartheid, Völkermord und anderen Verstößen gegen das Völkerrecht beteiligt sind und diese aufrecht erhalten. Solange unsere deutschen Institutionen weiterhin mit dem israelischen Staat und israelischen Institutionen, darunter israelischen Universitäten und Forschungszentren, zusammenarbeiten, die für die illegale Besatzung, Apartheid und deren ideologische Begründung mitverantwortlich sind, lehnen wir die Teilnahme an solchen Kooperationen aus Gewissensgründen ab.
Was erhoffen Sie sich von der Uppsala-Erklärung?
Durch das Sammeln von Unterschriften von Lehrenden und Mitarbeitenden deutscher Hochschulen und Forschungseinrichtungen sowie deutscher Wissenschaftler*innen im Ausland und die Beendigung unserer eigenen Teilnahme an Kooperationen mit israelischen Institutionen, die in die Zusammenarbeit verwickelt sind, hoffen wir 1) unseren institutionellen Führungskräften zu zeigen, dass es innerhalb unserer Gemeinschaft eine starke und prinzipielle Unterstützung für die Aussetzung der Zusammenarbeit mit israelischen Institutionen gibt, die in die Zusammenarbeit verwickelt sind, 2) Druck auf unsere Führungskräfte auszuüben, unserem Beispiel zu folgen und die formelle Zusammenarbeit mit israelischen Institutionen, die in die Zusammenarbeit verwickelt sind, so lange auszusetzen, bis diese das Völkerrecht umfassend und nachweislich einhalten und 3) Druck auf israelische Institutionen auszuüben, ihre Verwicklung in Besatzung, Apartheid und Völkermord kritisch in den Blick zu nehmen und aufzugeben. Die Erfahrungen der Kolleg*innen in Schweden zeigen, dass dieser Schritt Wirkung hat.
Inwiefern sind israelische Universitäten an illegaler Besatzung, Apartheid, Völkermord und anderen Verstößen gegen das Völkerrecht beteiligt?
Israelische Universitäten sind seit langem wichtige, willige und beharrliche Komplizen israelischer Verstöße gegen das Völkerrecht und spielen eine aktive Rolle bei der Planung, Umsetzung, Befürwortung und Rechtfertigung illegaler Besatzung, Apartheid und nun auch Völkermord. Israelische Universitäten pflegen institutionelle Kooperationen mit dem israelischen Militär und den Sicherheitskräften: Sie betreiben Militärstützpunkte und -einrichtungen auf dem Campus, bilden Soldat*innen und Sicherheitskräfte in spezialisierten Studiengängen aus, entwickeln Waffen und Überwachungstechnologien für Kriegsverbrechen in den besetzten Gebieten und anderswo und entwickeln militärische und juristische Doktrinen, die der israelische Staat nutzt, um seine illegale Besatzung, ethnische Säuberungen und außergerichtlichen Tötungen von Palästinenser*innen durchzusetzen, aufrechtzuerhalten und zu rechtfertigen. Sie diskriminieren außerdem systematisch ihre palästinensischen Studierenden und Mitarbeitenden und verweigern ihnen ihre akademische Freiheit (Wind 2024). Die Universität Tel Aviv beispielsweise hat Waffensysteme entwickelt, die Israel gegen Kinder und andere Zivilist*innen im Gazastreifen einsetzt, und arbeitet mit der israelischen Regierung, dem Militär und der Rüstungsindustrie zusammen, um Doktrinen und Technologien zu entwickeln, die gezielt palästinensische und libanesische Zivilist*innen sowie zivile Infrastruktur angreifen. Die Hebräische Universität Jerusalem wiederum hat einen Teil ihres Campus auf illegal besetztem palästinensischem Land in Ostjerusalem errichtet.
Könnte die Aussetzung der Zusammenarbeit mit israelischen Institutionen die Wissenschaftsfreiheit beeinträchtigen? Und schadet diese Initiative nicht gerade diejenigen in Israel, die sich für Frieden und Gleichberechtigung einsetzen?
Wir und andere rufen nicht zur Aussetzung der Zusammenarbeit mit einzelnen Wissenschaftler*innen aufgrund ihrer Identität sondern zu einer prinzipiellen Aussetzungen der Zusammenarbeit mit Institutionen auf, die auf dokumentierter Komplizenschaft beruhen. In Übereinstimmung mit diesem Grundsatz fordert die Uppsala-Erklärung nicht die Beendigung des Kontakts mit israelischen Wissenschaftler*innen, solange diese nicht in Völkermord, Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit verwickelt sind und/oder diese befürworten, und solange dieser Kontakt keine mitverantwortliche israelische Institution betrifft. Die Aussetzung der institutionellen Kooperation zielt darauf ab, internationalen Druck auf israelische akademische Institutionen aufzubauen, ihre Mitverantwortlichkeit für Israels Unterdrückungssystem gegen das palästinensische Volk zu beenden. Dies hat sich bereits als wirksam erwiesen, da die zunehmende Zahl internationaler akademischer Institutionen, die ihre Zusammenarbeit mit israelischen Institutionen aussetzen, zu verstärkten Forderungen israelischer Wissenschaftler*innen geführt hat, die Beteiligung ihrer Institutionen an israelischen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu beenden.
Es gab in den letzten Monaten immer wieder Aufrufe von u.a. israelischen Wissenschaftler*innen, die mehr Druck von Außen auf ihre Institutionen gefordert haben. Diese Gruppe ist eine Minderheit, die die Verstrickung der eigenen Institutionen erkannt hat und agiert. Ende Juli 2025 haben zwei große israelische Nichtregierungsorganisationen, B‘Tselem und Physicians for Human Rights, öffentlich deutlich ausgesprochen, dass Israel einen Völkermord durchführt. Beide Organisationen unterstreichen, dass Israels Bündnispartner eine Mitverantwortung tragen. Ein Vertreter sagte: “Every tool in the toolbox should be used. This is not what we think, this is what the genocide convention calls for.” Unsere Initiative stärkt durch die Aussetzung der Kooperationen mit mitverantwortlichen Institutionen vor allem diese Stimmen.
Nicht die israelische, sondern die palästinensische Wissenschaftsfreiheit ist derzeit in Gefahr. Während Bildung und Forschung im Westjordanland seit langem stark eingeschränkt sind und Campusse zunehmend vom israelischen Militär überfallen werden, ist der gesamte Bildungs- und Forschungssektor im Gazastreifen vollständig zerstört. Israel greift gezielt und systematisch Schulen an und zerstört sie. Im vergangenen Jahr wurde die Zerstörung sämtlicher Universitäten abgeschlossen. Tausende Forschende, Lehrende und Studierende wurden von Israel getötet, verstümmelt oder illegal eingesperrt. Keine israelische Universität hat die israelische Regierung aufgefordert, die Zerstörung der palästinensischen Hochschulbildung einzustellen.
Wäre es nicht besser, Dialog und Diplomatie zu fördern?
Diplomatische Bemühungen scheitern seit Jahrzehnten, gerade weil die mehr oder weniger bedingungslose Unterstützung Israels durch westliche Regierungen für die Israelis keinen wirklichen Anreiz bietet, die illegale Besatzung Palästinas und die gewaltsame Unterdrückung des palästinensischen Volkes zu beenden. Im Gegensatz dazu zeigt die Rolle des internationalen Boykotts im Kampf gegen die Apartheid in Südafrika, dass der externe Druck den Dialog nicht behindert, sondern politische Entscheidungsträger*innen an den Verhandlungstisch zwingen kann.
Warum sollten wir nur die Beziehungen zu israelische Institutionen aussetzen?
Israel ist nicht das einzige repressive Regime der Welt, die Palästinenser*innen sind nicht das einzige unterdrückte Volk, und Gaza ist nicht der einzige Ort, an dem Zivilist*innen von Streitkräften angegriffen und ausgehungert werden. Israel ist jedoch das einzige Land, in dem deutsche Universitäten aktiv mit mitverantwortlichen Institutionen zusammenarbeiten, obwohl die Führung dieses Staates vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gesucht wird und der Staat selbst in einem laufenden Verfahren des Völkermords vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) angeklagt ist. Mitarbeitende der UN sowie führende Völkerrechtsexper*tinnen und Menschenrechtsorganisationen haben dokumentiert, dass Israels anhaltender Völkermord in Gaza beispiellos ist – im Hinblick auf das Ausmaß und die Intensität der Zerstörung und Zwangsvertreibung, den Einsatz von Hunger als Waffe, die Zahl der von Streitkräften getöteten UN-Mitarbeitenden, Gesundheitsfachkräfte und Journalist*innen usw. Er ist auch insofern beispiellos, als israelische Soldat*innen und Offizier*innen ihre eigenen Verbrechen dokumentieren und offen damit prahlen. UN-Menschenrechtsexper*tinnen zufolge umfasst Israels Völkermord in Gaza „Domizid, Urbizid, Scholastizid, Medizid, kulturellen Völkermord und in jüngster Zeit auch Ökozid“. Seit über zwei Jahrzehnten rufen Palästinenser*innen die internationale Wissenschaft dazu auf, in einem Akt der Solidarität Haltung einzunehmen. Es ist wichtig, dass wir ihrem Aufruf folgen oder zumindest keinen Schaden anrichten, indem wir die gewaltfreie Streikpostenkette nicht durchbrechen.
Verurteilen Sie Antisemitismus?
Selbstverständlich. Wir verurteilen jede Form von Rassismus, einschließlich antijüdischem, antimuslimischem und antipalästinensischem Rassismus. Kritik am Staat Israel fälschlicherweise als Antisemitismus zu bezeichnen, ist jedoch eine Taktik die dazu führt, die Ablehnung des Völkermords, der illegalen Besatzung und der Apartheid zum Schweigen zu bringen. Nach der Verabschiedung der Bundestagsresolution “Nie wieder ist jetzt: Jüdisches Leben schützen, bewahren und stärken“ haben jüdische Organisationen weltweit in einem offenen Brief die Resolution abgelehnt und darauf hingewiesen, dass „die zynische Instrumentalisierung des Antisemitismus […] aber auch alle Jüdinnen und Juden zu Geiseln [macht], deren Sicherheit als Vorwand für die Verfolgung anderer Minderheiten benutzt wird“. Die Organisationen unterstreichen dabei, dass die Arbeitsdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance von Antisemitismus (IHRA-Definition), die der Bundestagsresolution zu Grunde liegt, von vielen Wissenschaftler*innen grundsätzlich kitisiert und abgelehnt wird. Einer der Hauptautor*innen der IHRA-Definition, Kenneth Stern, hat seine Bestürzung darüber geäußert, dass die Definition dazu verwendet wird, um Widerstand gegen israelische Politik zu ersticken.
Die Vermischung von antijüdischem Rassismus mit dem Widerstand gegen Israels Besatzungs- und Apartheidsystem untergräbt sowohl den palästinensischen Kampf für Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit als auch den Kampf gegen tatsächlichen Antisemitismus. Sie dient zudem dazu, Israel davor zu schützen, sich an universelle Menschenrechts- und Völkerrechtsnormen zu halten.
Gibt es in anderen europäischen Ländern ähnliche akademische Initiativen gegen Israel?
Ja. Sechs norwegische Universitäten – OsloMet, die Universität Südostnorwegen, die Universität Bergen, die Architekturhochschule Bergen, die Nord University und die Universität Stavanger – haben nach und nach seit Januar 2024 ihre Zusammenarbeit mit mitverantwortlichen israelischen Institutionen ausgesetzt. Im Mai 2024 beschloss der Vorstand der Rektorenkonferenz der spanischen Universitäten (CRUE), der 76 Universitäten in Spanien vertritt, die Beendigung der Zusammenarbeit mit israelischen Universitäten. Im selben Monat setzte die Universität Helsinki ihre Austauschabkommen mit israelischen Universitäten aus. Fünf niederländische Universitäten – die Universität Amsterdam, die Radboud-Universität, die Universität Utrecht, die Universität Tilburg und die Erasmus-Universität Rotterdam – setzten im Mai und Juni 2025 verschiedene Kooperationen mit beteiligten israelischen Universitäten aus. Im Juni 2025 gingen das Trinity College Dublin und die Queen’s University Belfast noch weiter als andere westliche Universitäten und kündigten an, nicht nur alle Beziehungen zu israelischen Universitäten, sondern auch zu israelischen Unternehmen abzubrechen.